Horst Mahler
Die verbotene Wahrheit
Der Text Die verbotene Wahrheit wurde ohne Nennung des Verfassers veröffentlicht und kursiert in mehreren Versionen, teils durch Anhänge erweitert, als PDF im Internet. Inzwischen lässt er sich mit einer gewissen Sicherheit Horst Mahler zuordnen.
Auf der Unterstützerseite "Wir sind Horst" wurden juristische Dokumente veröffentlicht, aus denen hervorgeht, dass ihm die Urheberschaft zur Last gelegt wird.
Aufgrund der schieren Menge ist es kaum möglich, alle unwahren oder verzerrten Behauptungen zu widerlegen, die in dem Text aufgestellt werden. Die hier getroffene Auswahl reicht aber sicherlich aus, um ihn als typisches Konstrukt der Holocaustleugner beschreiben zu können.
Spurlose Beseitigung von 20.000 Menschen auf einen Schlag mittels Atombomben
(...)
Solche und ähnliche Greuelmärchen waren sogar offizielle Anklagepunkte beim Internationalen Militärtribunal (IMT) in Nürnberg
Das ist auch in bei Otto Ernst Remer und Germar Rudolf in dem Text Die Zeit lügt zu lesen, und es ist falsch. Dieser Punkt und einige andere wurden in Nürnberg kurz erwähnt, waren aber keine Anklagepunkte, und es wurde niemand verurteilt, weil er Atombomben zum Massenmord eingesetzt hat. Ähnliches gilt für weitere absurde Vorwürfe, die Mahler zitiert.
Die Berner Tagwacht berichtete in ihrer Ausgabe vom 24. August 1945 in großer Aufmachung, Hitler-Deutschland hätte "insgesamt 26 Millionen Juden umgebracht, die meisten davon in Dachau"
Es ist richtig, die Berner Tagwacht hat an diesem Tag eine Falschmeldung veröffentlicht. In der historischen Forschung hat diese Meldung allerdings nicht die geringste Rolle gespielt. Man kann die zutreffenden Erkenntnisse der Geschichtswissenschaft über den Holocaust nicht dadurch aufheben, dass man eine Falschmeldung aus einer Zeitung als Widerlegung anbietet.
Die These, in den KZs innerhalb des Deutschen Reiches seien Menschen in Gaskammern getötet ("vergast") worden, wurde von offizieller Seite bereits 1960 verworfen, und zwar zuerst von Martin Broszat
Dies bezieht sich auf einen Leserbrief des Historikers Martin Broszat an die ZEIT. Broszat hat dort richtigerweise gesagt, die Massenvergasung der Juden habe in Lagern im Osten stattgefunden. Diese Aussage schließt keineswegs aus, dass es in verschiedenen Lagern im "Altreich" Gaskammern gab, die auch zur Ermordung von Menschen benutzt wurden. Problem am Rande: Die Holocaustleugner versuchen hier, den Massenmord an den Juden in Zweifel zu ziehen, indem sie einen Text benutzen, aus dem hervorgeht, dass er stattgefunden hat.
Den Abschnitt 2.3 überschreibt Mahler folgendermaßen mit einem angeblichen Zitat:
"A Glick hot unz getrofen! Sechs Millionen Juden wurden umgebracht und wir bekommen Geld dafür!" (Shmuel Dayan, Knesset-Abgeordneter)
Die Äußerung stammt nicht von Shmuel Dayan, und sie war nicht etwa erfreut, sondern sarkastisch und als beißende Kritik an einem anderen Sprecher gemeint.
Die Welt am Sonntag brachte es sogar fertig, in ein und derselben Ausgabe Zahlen zu nennen, die um 60% voneinander abweichen
Auch das ist nicht wahr. Diese Argumentation mit erfundenen oder falsch dargestellten Zahlen in der Welt hat Nele Abels-Ludwig schon vor Jahren widerlegt.
Die amtlichen Totenbücher
In den Totenbüchern oder Sterbebüchern wurden nur die registrierten Häftlinge in Auschwitz erfasst. Größtenteils, aber nicht ausschließlich waren dies arbeitsfähige Menschen, die im Gegensatz zu Alten und Schwachen nicht sofort in die Gaskammern geschickt wurden. Die Opfer der Gaskammern wurden nicht registriert. Deshalb kann man anhand der registrierten Häftlinge nicht die Existenz der Gaskammern bestreiten. Auschwitz war beides, Arbeitslager und Vernichtungslager. Es gab dort auch privilegierte Häftlinge, die z.B. aus politischer Rücksichtnahme nicht ermordet und etwas besser behandelt wurden als die meisten anderen.
(...) daß bereits 1919 (!) jüdische Interessengruppen behaupteten, in Osteuropa seien sechs Millionen Juden von einem "Holocaust" bedroht. Dieses absurde Greuelmärchen wurde damals von keinem geringeren als dem Gouverneur des Staates New York, Martin H. Glenn, in die Welt gesetzt
Der Mann hieß Glynn. Dieses Märchen kursiert in vielen rechtsextremen Publikationen. Die "jüdischen Interessengruppen" hat Mahler anscheinend dazuerfunden; in Wirklichkeit war es ein Appell des Gouverneurs, den in Not geratenen Juden in Europa zu helfen.
Nicht selten wird in einem Ton moralischer Entrüstung folgende Gegenfrage gestellt: "Wenn die sechs Millionen Juden nicht vergast wurden, wo sind sie dann hin?"
Die Nazis haben die Juden in Ghettos zusammengepfercht und streng bewacht. Als Wächter waren sie für den Verbleib der Gefangenen verantwortlich. Die Ghettos wurden geräumt, die Lager aufgehoben und teilweise zerstört. Nach dem Krieg waren die Juden nicht mehr da.
Dies ist - ganz ohne moralische Entrüstung - eine wichtige Frage: Wenn die Holocaustleugner den Massenmord bestreiten, müssen sie erklären können, was aus den Juden in Polen und der Sowjetunion geworden ist. Sie können es nicht.
"Wannsee-Konferenz", "Jehuda Bauer" und die "alberne Geschichte"
Auch hier übernimmt Mahler, anscheinend ohne großes Nachdenken und Nachforschen, die üblichen Argumentationsfiguren der Holocaustleugner. Adolf Eichmann, der Organisator des Massenmordes, hat unmissverständlich gesagt, worum es auf der Wannsee-Konferenz ging: Um die Organisation des Massenmordes. Die Entscheidung dazu war bereits vorher gefallen.
Jehuda Bauers Bemerkung über die "alberne Geschichte" (silly story) vom Wannsee ist in Wirklichkeit ein alberner Versuch der Holocaustleugner, diesen renommierten Historiker vor ihren Karren zu spannen.
Man fragt sich auch, warum am Tag der Befreiung von Auschwitz kein einziges Foto von der Gaskammer entstand
Horst Mahler wirft hier entweder absichtlich eine Nebelkerze, oder er hat keine Ahnung. Als die Rote Armee vorrückte, haben die Nazis die Vernichtungslager aufgegeben und zerstört und die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen versucht. Übrigens blieb in Majdanek tatsächlich eine Gaskammer erhalten. Die Frage nach Fotos ist und bleibt allerdings auch hier ein Ablenkungsmanöver, wie einige Überlegungen zeigen.
Das soll an dieser Stelle reichen. So gut wie alle Behauptungen, die Mahler in seinem Text Die verbotene Wahrheit aufgreift, sind an verschiedenen Stellen widerlegt worden.
Horst Mahler war Anwalt. Da gehört es zum Beruf, Texte genau zu erfassen, präzise und überzeugend zu formulieren und für Behauptungen hieb- und stichfeste Belege anzubieten. Dieser Text wirkt jedoch, als habe Mahler alles vergessen oder ignoriert, was er als Anwalt gelernt und praktiziert hat.