Der Suchdienst des IKRK und das Sonderstandesamt Arolsen
Wie Auschwitzleugner richtige Zahlen in einen falschen Zusammenhang stellen
Die "Revisionisten" - genauer gesagt, die Leugner des Judenmordes - benutzen mitunter amtlich wirkende Zahlen, um zu "beweisen", dass im Holocaust erheblich weniger Opfer umgekommen wären, als in historischen Werken gemeinhin nachzulesen ist.
Viele dieser Zahlen sind jedoch frei erfunden, während andere auf Angaben beruhen, die von den Leugnern des Judenmordes bewusst in einen falschen Kontext gestellt werden, um den gewünschten Eindruck zu erwecken.
In diesem Zusammenhang werden gelegentlich auch Zahlen zitiert, die (manchmal angeblich, manchmal tatsächlich) vom Suchdienst des Roten Kreuzes in Arolsen stammen.
Diese Organisation, die auch ITS genannt wird ("International Tracing Service"), sucht nach Menschen, die während des Zweiten Weltkrieges verschollen sind. Wenn durch die Nachforschungen ermittelt werden kann, dass eine bisher als vermisst geltende Personen gestorben ist, stellt das Sonderstandesamt Arolsen den Totenschein aus.
Da die Arbeit des Suchdienstes bis heute nicht beendet ist, erhöht sich die Zahl der geklärten Schicksale von Jahr zu Jahr. Auch dies - die Tatsache, dass die Zahl sich verändert - wird von Holocaust-Leugnern gelegentlich als Argument missbraucht. Aus der wiederholten Veränderung der "amtlich festgestellten Zahl", so behaupten sie, gehe hervor, dass die Behörden zu manipulieren versuchen.
Die älteste, aber bis zur Gegenwart immer wieder zitierte "Quelle" zur Verharmlosung des Völkermordes ist eine aus den frühen Nachkriegsjahren stammende angebliche amtliche Feststellung des Roten Kreuzes, nach der es insgesamt im NS-Staat höchstens 300 000 Opfer rassischer, religiöser und politischer Verfolgung gegeben habe. Die erst in Schweizer Zeitungen, dann unter deutschen Rechtsextremisten verbreitete Angabe ist eine Erfindung von interessierter Seite.
Schon im Jahre 1955 schrieb das Rote Kreuz auf Anfrage an Dr. Krausnick vom Institut für Zeitgeschichte, dass diese Organisation keine Angaben über die Gesamtzahl der Opfer des Nationalsozialismus veröffentlicht hätte. (vgl. Legenden, S. 108[1])
Ungefähr zwanzig Jahre später scheint diese Falschmeldung wieder aufgetaucht zu sein. Auch aus dem Faksimile des Briefes oben aus dem Jahre 1976 geht hervor, dass die dort erwähnte Statistik sich nicht auf "die Gesamtzahl der Opfer unterschiedlicher Herkunft" bezieht, sondern ausschließlich auf Deutsche, und dass die Zahlen in diesem konkreten Fall nicht einmal vom Roten Kreuz stammen. (B. Bailer-Galanda, Wahrheit und "Auschwitzlüge", S. 148)
Das Rote Kreuz sah sich immer wieder gezwungen, diese und ähnliche Falschmeldungen richtig zu stellen. Im Jahre 1977 hat A. de Cocatrix, der Leiter des Internationalen Suchdienstes, auf einer internationalen Konferenz noch einmal verdeutlicht, was der Suchdienst in Zusammenarbeit mit dem Sonderstandesamt Arolsen tut beziehungsweise nicht tut. Insbesondere erklärte Cocatrix dort, dass folgende Gruppen von Opfern des Nationalsozialismus vom Sonderstandesamt Arolsen nicht erfaßt werden:
a) Todesfälle in Vernichtungslagern. Die zur Vernichtung bestimmten Personen wurden ohne Registrierung in die Gaskammern gebracht. Das gleiche gilt für die nach Auschwitz deportierten Juden, die nach der "Selektion" für die Gaskammern bestimmt waren.
b) Todesfälle zum Teil vor bzw. kurz nach der Befreiung
c) Todesfälle in Konzentrationslagern, für die keine Unterlagen beim ITS vorliegen
d) Todesfälle von Personen, die in die Konzentrationslager zur Exekution überstellt wurden.
Das Rote Kreuz bzw. das Sonderstandesamt Arolsen hat niemals endgültige oder amtliche Angaben zur Gesamtzahl der Opfer des Holocaust gemacht.
Die manchmal von "Revisionisten" vorgebrachte Behauptung, das Sonderstandesamt bzw. das Rote Kreuz hätte "amtlich gesicherte Mindestzahlen" veröffentlicht, soll suggerieren, dass die Zahlen, die von der Geschichtsforschung für die Opfer der Gaskammern ermittelt wurden, nicht endgültig und damit nicht gesichert wären - und vor allem viel zu hoch.
Anders ausgedrückt, ziehen die Hitler-Apologeten die erwähnte Zahl von 300 000 bis 400 000 angeblich "gesicherten" Opfern heran, um mit ihrer Hilfe die Zahl von mehreren Millionen Opfern der Gaskammern zu bestreiten.