Der Konservative Gesprächskreis Hannover
"Wir veröffentlichen Kritik" - oder auch nicht.
Seit längerer Zeit veröffentlichen Vertreter des Konservativen Gesprächskreises Hannover (KGH) in der Usenet-Gruppe de.soc.politik.misc immer wieder mal Artikel zu verschiedenen Themen. Ich habe dies als Beleg dafür gewertet, dass der KGH an Diskussionen - auch an kontroversen Diskussionen - interessiert ist. Die Auseinandersetzung mit Kritik an der eigenen Position wäre ein unverzichtbarer Bestandteil dieser Diskussionen.
Wie sich zeigen sollte, ist der KGH zu solchen Auseinandersetzungen nicht bereit. Die gesprächigen Konservativen schicken zwar Texte in Diskussionsgruppen, aber sobald man kritische Fragen zu ihrer Position stellt, hüllen sie sich in Schweigen, als wäre ihnen jemand auf den Schlips getreten. Ein Beispiel dafür wird auf einer anderen Web-Seite behandelt, ein weiteres soll hier besprochen werden.
Aber der Reihe nach.
Am 28.1.1999 habe ich meine 1. Anfrage an den KGH gerichtet. Mir war aufgefallen, dass der KGH auf seinen Seiten einen Link auf Norbert Marzahns Text WAL gesetzt hatte. Ich wollte vom KGH unter anderem wissen, ob dem Verein bekannt sei, dass Norbert Marzahn ein Holocaust-Leugner ist, der den nationalsozialistischen Judenmord bestreitet, und ich wollte hören, wie der KGH zu Holocaust-Leugnern steht.
Am nächsten Tag kam ein Zwischenbescheid vom Vereinsvorsitzenden: Der Vorstand werde über meine Anfrage informiert, ich solle bitte etwas Geduld haben.
Einen Monat später, am 1.3.1999, habe ich eine Erinnerung an den KGH geschickt und nachgefragt, wann ich mit einer Antwort rechnen könne. Meine Anfrage muss den KGH erreicht haben, denn die Email ist nicht als unzustellbar zurückgekommen.
Keine Reaktion.
Ich dachte mir dann, das sind Konservative, die darfst du nicht drängeln, die sind nicht so schnell.
Also habe ich vier Monate gewartet. Am 2.7.1999 habe ich eine weitere Erinnerung an den KGH geschickt und auf meine vorherigen Anfragen hingewiesen.
Wieder nichts.
Bis heute liegt keine Antwort vor. Der Link auf Herrn Marzahns WAL ist nach wie vor in der Rubrik "Kirche" zu finden.
Irgendwann, ich weiß den genauen Zeitpunkt nicht mehr, ist auf der Index-Seite des KGH eine Distanzierung aufgetaucht:
Wir haben auf verschiedenen Seiten dieser Internetpräsenz Verbindungen (Link) zu anderen Seiten im Internet gelegt. Für all diese Verbindungen gilt: Wir haben keinen Einfluß auf die Gestaltung und die Inhalte dieser Verbindungen. Wir distanzieren uns hiermit von den Inhalten der Seitenverbindungen. diese Erklärung gilt für alle hier ausgebrachten Verbindungen.
Ich ahne, dass der KGH sich im Zweifelsfall auf die Behauptung zurückziehen würde, man hätte doch mit diesem Text eigentlich schon alles gesagt.
Das trifft sicher nicht zu. Diese Distanzierung mag aus juristischer Sicht notwendig und ausreichend sein. Für glaubwürdig halte ich sie nicht, denn der KGH selbst und niemand sonst ist für das verantwortlich, was auf seinen Seiten passiert.
Der KGH hat es für nötig und sinnvoll gehalten, einen Link auf die Texte des Auschwitzleugners Marzahn einzurichten. Derselbe KGH hat es offenbar nicht für nötig und sinnvoll gehalten, einen Link (beispielsweise) auf das Nizkor-Projekt einzurichten, das sich der Bekämpfung von Auschwitzleugnern widmet. Dies war eine redaktionelle Entscheidung, die der KGH selbst getroffen hat, und daran kann auch der oben zitierte Vorbehalt nichts ändern.
Der KGH behauptet von sich: "Wir veröffentlichen Kritik" - und hält es offenbar für angebracht, auf Herrn Marzahns Holocaustleugnerei hinzuweisen, zugleich aber auf jegliche Kritik daran zu verzichten.
Genau darauf zielte meine bereits erwähnte 1. Anfrage, auch wenn ich sie nicht mit diesen Worten formuliert habe: Warum sind die konservativen Kritikveröffentlicher eigentlich so merkwürdig unkritisch, wenn es um Holocaust-Leugner geht? Wieso vergeht dem Gesprächskreis die Gesprächigkeit, sobald man ihn fragt, warum er es für nötig hält, einen Link zu einem Auschwitzleugner einzurichten und wie er denn überhaupt zu solchen Leuten steht?
Allmählich drängt sich mir der Verdacht auf, dass die Konservativen vom Veröffentlichen von Kritik ganz eigene Vorstellungen haben: Nicht die Kritik an Geschichtsfälschern wie Norbert Marzahn soll es sein, sondern die "Kritik" von rechtsextremistischen Sektierern an der seriösen Geschichtsschreibung.