Gut sortiert ist halb gelogen
Zahlenspiele der Auschwitzleugner
Unter den Holocaust-Leugnern kursieren verschiedene Versionen einer Tabelle mit Opferzahlen für das Vernichtungslager Auschwitz, die meist in dieser oder ähnlicher Form präsentiert wird:
Amtliche Zahlen der festgestellten Holocaust-Juden von Auschwitz
Welche Zahl müssen wir gemäß Holocaust-Gesetz glauben?
Welche Zahl wird nicht als Holocaust-Leugnung verfolgt?
Welche Zahl wird nicht als Antisemitismus verfolgt?
Welche Zahl wird nicht als Rassenhaß verfolgt?
Welche Zahl ist richtig und warum?
Welche Zahl wird "wieder gutgemacht"?
DATUM | OFFIZIELLE, AMTLICHE QUELLEN | TOTE |
31.12.1945 | Französische Ermittlungsstelle für Nazi-Kriegsverbrechen | 8.000.000 |
19.08.1998 | Der Groß-Rabbiner von Polen (Süddeutsche Zeitung) | 6.000.000 |
20.04.1978 | Le Monde (französische Tageszeitung) | 5.000.000 |
23.01.1995 | Die Welt | 5.000.000 |
20.04.1989 | Eugen Kogon, Der SS-Staat (Seite 176) | 4.500.000 |
31.12.1952 | Der Neue Herder (Lexikon) 7. Auflage (Seite 214) | 4.500.000 |
01.10.1946 | IMT-Dokument 008-USSR (Alliertes Militärgericht Nürnberg) | 4.000.000 |
02.05.1997 | USA-Today (größte Tageszeitung der USA) | 4.000.000 |
24.11.1989 | Oberstaatsanwalt Majorowsky (Anklage 12 Js 1037/89) | 4.000.000 |
26.07.1990 | Allgem. Jüdische Wochenzeitung (Bonn) | 4.000.000 |
08.10.1993 | ZDF-Nachrichten | 4.000.000 |
25.01.1995 | Wetzlarer Neue Zeitung | 4.000.000 |
01.10.1946 | IMT-Dokument 3868-PS (Alliiertes Militärgericht Nürnberg) | 3.000.000 |
01.01.1995 | Damals (amtliches Geschichtsmagazin, mtl., von Bonn getragen) | 3.000.000 |
18.07.1990 | The Peninsula Times (Tageszeitung, S.Francisco, USA) | 2.000.000 |
25.07.1990 | Hamburger Abendblatt | 2.000.000 |
27.01.1995 | Die Welt (Kanzler Kohls "Millonen-Lüge", also mind. 2 Mio) | 2.000.000 |
02.05.1997 | USA-Today (größte Tageszeitung der USA) | 1.500.000 |
11.06.1992 | Allgem. Jüdische Wochenzeitung (Bonn) | 1.500.000 |
08.10.1993 | ZDF (berichtigendes Schreiben zur Nachricht von "vier Millionen") |
1.500.000 |
23.01.1995 | Die Welt | 1.500.000 |
09.11.1998 | BILD | 1.500.000 |
01.09.1989 | Le Monde (französische Tageszeitung) | 1.433.000 |
02.02.1995 | BUNTE Illustrierte | 1.400.000 |
22.01.1995 | Welt am Sonntag | 1.200.000 |
27.01.1995 | Die Welt | 1.100.000 |
27.01.1995 | IfZ (Institut für Zeitgeschichte, München) | 1.000.000 |
06.02.1999 | BILD | 1.000.000 |
31.12.1989 | Pressac, Auschwitz, Technique ... (im Auftrag der Klarsfeldstiftung) |
928.000 |
27.09.1993 | Die Welt | 800.000 |
22.01.1995 | Welt am Sonntag | 750.000 |
01.05.1994 | Focus | 700.000 |
23.01.1995 | Die Welt | 700.000 |
31.12.1994 | Pressac, Die Krematorien ... (Im Auftrag der Klarsfeldstiftung) | 470.000 |
08.01.1948 | Welt im Film (britische Wochenschau-Reportage Nr. 137) | 300.000 |
06.01.1990 | Frankfurter Rundschau | 74.000 |
31.05.1994 | Hoffmann, Stalins Vernichtungskrieg (Seite 302 f.) | 74.000 |
17.08.1994 | Intern. Suchdienst Arolsen (Sach Nr: 10824) | 66.206 |
Zunächst fällt auf, dass die Reihenfolge etwas eigenwillig gewählt ist. Vermutlich wollte das National Journal, das die Tabelle verbreitet hat, mit dieser Art der Darstellung suggerieren, die Zahlen der jüdischen Opfer, die von der Geschichtswissenschaft für das Vernichtungslager Auschwitz veranschlagt werden, seien stetig gesunken und würden weiter sinken, bis eines Tages "bewiesen" ist, dass es in Auschwitz überhaupt keine Vergasungen gab.
Mit Geschichtswissenschaft hat das natürlich nichts zu tun. Es mag ja sein, dass an einigen Stellen falsche Zahlen veröffentlicht wurden, aber die Veröffentlichungen in verschiedenen Medien - in diesem Fall meist Tageszeitungen - oder die Äußerungen einiger Personen können nicht das aufheben, was Historiker in jahrzehntelanger Kleinarbeit herausgefunden haben.
Bereits 1961 kam Raul Hilberg in seiner akribischen Studie Die Vernichtung der Europäischen Juden zu dem Ergebnis, dass in Auschwitz etwa 1 Million Menschen ermordet wurden. Diese Zahl wird oben unter dem Jahr 1995 als Zahl des IfZ aufgeführt. Damit hat das National Journal, freilich ohne es zu wollen, selbst dokumentiert, dass die Zahlen für die Auschwitz-Opfer in der Geschichtswissenschaft über 35 Jahren hinweg stabil geblieben sind - also genau das Gegenteil von dem, was die Auschwitzleugner suggerieren möchten.
Da die Geschichtswissenschaft also nichts hergibt, versuchen die Auschwitzleugner, ihren Zahlen wenigstens einen offiziösen Anstrich zu geben - als hätten Behörden und Regierungen jemals die Aufgabe gehabt, historische Fakten von Amts wegen festzustellen. Dieser Ansatz kommt im oben zitierten, einleitenden Satz zum Ausdruck: "Amtliche Zahlen der festgestellten Holocaust-Juden von Auschwitz".
Die Behauptung, es handele sich hier um amtliche Zahlen, entspricht, wie sich anhand einiger Stichproben leicht nachweisen lässt, nicht der Wahrheit.
Auf den Web-Seiten des National Journal wird beispielsweise die erste Zahl aus der oben zitierten Liste folgendermaßen herausgestellt:
8.000.000 gerichtsamtlich erwiesen:
CAMPS DE CONCENTRATION
(Crimes contre la personne humaine)
DOCUMENTS POUR SERVIR A L'HISTORIE DE LA GUERRE
OFFICE FRANÇAIS D'ÉDITION 1945
En effet, pour un camp de première
importance comme Auschwitz où périrent
huit millions d'hommes (p.7) ... Le chiffre
de 8.000.000 d'êtres humains, anéantis
dans camp, ne semble nullement exagéré.
(p. 196)
Das National Journal übersetzt:
In der Tat, für ein Lager von erstrangiger
Bedeutung wie Auschwitz, wo acht Millionen
Menschen umkamen (S. 7) ... Die Zahl von
8.000.000 in diesem Lager vernichteter
Wesen scheint mir keineswegs übertrieben.
(S. 196)
und fügt diesen Kommentar hinzu:
Das ist ein offizielles Dokument der Ermittlungsergebnisse der französischen Regierung im Zusammenhang mit NS-Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in NS-Konzentrationslagern. Es stammt aus dem Jahre 1945 Zu diesem Zeitpunkt, so sollte man annehmen, hätten die Ermittlungsergebnisse ganz besonders exakt sein müssen, da die Erinnerungen noch frisch und die Dokumente noch zugänglich waren.
Aus der zitierten französischen Quelle geht allerdings nicht hervor, dass es sich tatsächlich um eine Untersuchung der französischen Regierung gehandelt hat. Dort ist die Rede von einem "OFFICE FRANÇAIS" - also einem französischen Büro. Ob es ein staatliches Büro oder die französische Niederlassung irgendeiner nichtstaatlichen Organisation war, ist nicht zu erkennen. Die Behauptung, dies sei eine "amtliche" Quelle, wird nicht überzeugend belegt.
Der "Groß-Rabbiner von Polen", der an zweiter Stelle genannt wird, ist ebenso wenig eine amtliche Quelle, wie es die in den folgenden Zeilen genannten Zeitungen sind.
An fünfter Stelle wird schließlich Eugen Kogons Buch Der SS-Staat aufgeführt. Auf Seite 176 hätte Kogon 4,5 Millionen Auschwitz-Opfer genannt. Hier hat Kogon in der Tat einen Fehler gemacht - allerdings nur in Bezug auf die Verteilung der jüdischen Opfer auf die verschiedenen Vernichtungslager und nicht in Hinblick auf die Gesamtzahl der Opfer aller Lager.
Der Grund dafür ist, dass ihm zu dem Zeitpunkt, als er das Buch schrieb, einige Vernichtungslager überhaupt noch nicht bekannt waren. Das National Journal hat in der Liste die falsche Jahreszahl genannt, denn Kogons Buch ist bereits 1946 und nicht, wie oben angegeben, erst 1989 erschienen. In Kogons Aufzählung der Lager fehlen beispielsweise Belzec, Kulmhof (Chelmno) und Sobibor.
Einzelheiten zu Kogons Buch und weitere Anmerkungen zu den "Vier Millionen von Auschwitz" stehen auf einer anderen Seite.
Im übrigen war Kogon durchaus bewusst, dass seine Zahlen mit Vorsicht zu genießen waren. Auf Seite 175 - was das National Journal natürlich nicht zitiert - schreibt Kogon:
Ich hebe ausdrücklich hervor, dass es sich in jedem Fall immer nur um den Versuch von Schätzungen handeln kann.
Die Zahlen, die der Autor selbst als "Versuch von Schätzungen" bezeichnet, werden vom National Journal als "amtliche Zahlen" dargestellt - eine glatte Lüge.
Als abschließendes Beispiel für die unredliche Art und Weise, auf welche die nationaljournalistische Liste zu Stande gekommen ist, soll die vorletzte Eintragung dienen:
31.05.1994 Hoffmann, Stalins Vernichtungskrieg (Seite 302 f.) 74.000
Schlägt man in Joachim Hoffmanns Buch Stalins Vernichtungskrieg nach (5. Auflage 1999), dann findet man allerdings folgende Textstellen:
74 000 Todesopfer, wohlgemerkt nur unter den 'arbeitsfähigen Deportierten', sind aus den Registern der in sowjetischen Archiven freigegebenen 'Sterbebücher' (Totenbücher) zu bestätigen.
Daß die dokumentarisch verbürgte Zahl von 74 000 nur einen Teil der tatsächlichen Verluste umfassen kann, dürfte im übrigen nicht zu bezweifeln sein.
Joachim Hoffmann neigt durchaus dazu, den Judenmord zu relativieren, wie sein wohlwollendes "Gutachten" über ein Buch von Germar Rudolf zeigt. Immerhin ist er aber vorsichtig genug, zweimal ausdrücklich zu schreiben, dass die Zahl von 74 000 Toten nur einen Teil der Todesopfer erfasst. Direkt nach Eintreffen der Züge mit deportierten Juden fand auf der berüchtigten Rampe von Auschwitz eine sogenannte "Selektion" statt. Befristet weiterleben durften nur die arbeitsfähigen Deportierten. Nur sie wurden in den Akten des Lagers registriert, und nur für sie wurde im Todesfall eine Eintragung vorgenommen.
Wer aber aufgrund der "Selektion" als nicht arbeitsfähig galt - überwiegend Kinder, Alte und Frauen - wurde sofort und ohne Registrierung in die Gaskammer geschickt und ermordet. Die Opfer der Gaskammern tauchen in den "Totenbüchern" von Auschwitz überhaupt nicht auf.
Das National Journal stellt diese unvollständige Zahl von 74 000 registrierten Toten in einem Kontext dar, der dem Leser suggeriert, Hoffmann habe mit seiner Angabe die Gesamtzahl aller Auschwitzopfer ansprechen wollen.
Einige weitere Zahlen aus dieser Liste hat Nele Abels-Ludwig bereits 1998 in einem Usenet-Artikel untersucht.
Das Ergebnis war das gleiche wie hier. Die angeblich "amtliche" Liste der Opferzahlen für Auschwitz beruht auf Erfindungen, Verdrehungen und Verzerrungen der "Revisionisten". Es handelt sich hier keineswegs eine fundierte Kritik der "Revisionisten" an der etablierten Geschichtswissenschaft, sondern vielmehr um ein schlagendes Beispiel für das, was jemand mal als die "konstitutionelle Unehrlichkeit" der Auschwitzleugner bezeichnet hat.