Kurt Tucholsky
Dänische Felder
Er war Jude, Pazifist und ein Linker, er war ein scharfzüngiger und intelligenter Kritiker der Militaristen und Nationalisten in Weimar - kein Wunder, dass die Nazis Kurt Tucholskys Bücher verbrannt haben.
Die alten Nazis sind tot, aber ihre geistigen Nachkommen haben die Abneigung von den Alten geerbt. Hin und wieder beziehen sie sich auf den Text "Dänische Felder" von Kurt Tucholsky, und wie es der "revisionistischen" Textrezeption entspricht, geben sie sich große Mühe, die Intention des Autors böswillig misszuverstehen. So schreibt beispielsweise Cedric Martel:
Der Publizist und "Pazifist" Kurt Tucholski haßte "den Bürger". Er schreckte selbst davor nicht zurück, Kindern den Gas-Tod zu wünschen: "Möge das Gas in die Spielstuben unserer Kinder schleichen. Mögen sie langsam umsinken, die Püppchen ..." (vgl. "Weltbühne", 1927, Nr. 30, S. 152; vgl. HT, a.a.O., Nr. 5, S. 24)
Der Vergleich mit dem Original zeigt, dass Tucholsky keineswegs unschuldigen Kindern den Gastod gewünscht hat. Er hat vielmehr polemisch überspitzt erklärt, dass die Gleichgültigkeit mancher Menschen den Weg zum nächsten Krieg ebnet:
Weil sie es so wollen, ohne es zu wollen. Weil sie herzensträge sind. Weil sie nicht hören und nicht sehen und nicht fühlen. Leider trifft es immer die Falschen.
In Zusammenhang mit Tucholsky und einigen anderen Autoren kommt die Doppelmoral der Holocaust-Leugner besonders deutlich zum Vorschein. Einerseits klagen sie über die restriktiven deutschen Gesetze, die der rechtsextremistischen Agitation enge Grenzen setzen, andererseits formulieren sie in Bezug auf die Bücherverbrennungen der Nazis Bemerkungen wie diese:
Die obigen Autoren waren entweder Juden, Kommunisten, Staatsfeinde oder kulturzersetzend. Jede Nation reinigt sich ab und zu mal von solchem Mist. Also Weltliteratur kann man das ja wohl nicht nennen. Grade dieses Literaturschwein Tucholski nicht. Ihre Werke wurden bewußt in andere Nationen eingeschleppt, als Weltliteratur gepriesen und gebauchklatscht, um auch dort die Zersetzung zu vollziehen. Und sollten Schriften nicht zersetzend sein, dann bitte, warum der Index?
Die Bücherverbrennungen wären eine notwendige Reinigung gewesen, behauptet dieser wackere Kämpfer für die Meinungsfreiheit. Und wenn die Bücher es nicht wert gewesen wären, verbrannt zu werden, dann hätte man sie ja wohl auch nicht verbrannt, oder?
Dass man dieses "Argument" problemlos auf die "revisionistische" Literatur übertragen könnte, kommt dem Herrn offenbar nicht in den Sinn: Das sei ja auch, würde er vermutlich sagen, etwas ganz anderes.
Das entstellte Zitat taucht u.a. auf bei:
- W. Stäglich, Der Auschwitz-Mythos
- E. Aretz, Hexeneinmaleins einer Lüge