Rudolf Höß

Erfolterte Geständnisse?

Rudolf Höß in Nürnberg
Rudolf Höß in Nürnberg

Die Aussagen und Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz, Rudolf Höß, werden häufig als Beleg für den Judenmord der Nazis zitiert. Entsprechend heftig gehen die Auschwitzleugner gegen diese Quelle vor. Sie behaupten etwa, die Aussagen wären frei erfunden bzw. durch Folter erpresst worden, die Ankläger in Nürnberg hätten sich daher auf gefälschtes und unbrauchbares Material gestützt usw.

Das klingt beispielsweise so:

Ebenfalls aus 'Verheimlichte Dokumente, Band2' erfahren wir nun Naeheres zur 'Schaetzung' von Hoess:

Die erfolterten Hoess 'Gestaendnisse'

Die Gestaendnisse des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Hoess, der 1947 in Polen hingerichtet wurde, gelten als Schluesseldokumente. Da seine Selbstanklagen oft ins Absurde gehen, werden Zweifel an der Glaubwuerdigkeit der Gestaendnisse angemeldet. Seit Anfang der 80er-Jahre verdichten sich die Indizien zur Gewissheit, dass Hoess unter furchtbaren Foltern zu seinen Aussagen getrieben wurde: 1983 erschien im Verlag des juedischen Medien- Multis Hamlyn (London) ein Buch mit dem Titel 'Legions of death'. Verfasser Rupert Butler ist mit mehreren antinazistischen Werken wie 'Gestapo' bekannt geworden. Eingangs des Buches dankt Butler einem gewissen Bernard Clarke fuer freundliche Unterstuetzung. Bei diesem Clarke handelt es sich um einen der britischen Soldaten, die Hoess am 16. Maerz 1946 in Norddeutschland gefangennahmen. Butler zitiert in seinem Buch auszugsweise aus den Aufzeichnungen Clarkes.

Norbert Marzahn[1]

Es handelt sich hier um eine Information aus zweiter Hand, also um Hörensagen, denn Rupert Butler zitiert seinerseits aus den Aufzeichnungen Bernard Clarkes. Dieser Punkt ist von Interesse, weil er die doppelte Buchführung der "Revisionisten" verdeutlicht. An die Beweise für den Judenmord stellen sie unerfüllbar hohe Ansprüche. Als Beweis gegen den Judenmord reicht dagegen ein Bericht aus zweiter Hand.

Dabei ist dieser Bericht noch nicht einmal besonders aufschlussreich. Selbst wenn man dem Text ohne Abstriche Glauben schenken will, erfährt man lediglich, dass Höß geschlagen und brutal behandelt worden sei, aber eben gerade nicht, dass sein Geständnis durch Folter erpresst worden wäre. An keiner Stelle erwähnt Butler, dass Höß von irgendwelchen Folterknechten eine erfundene Geschichte vorgegeben wurde, die er zu bestätigen hatte. Ganz im Gegenteil heißt es dort, dass Höß, als er einmal angefangen hatte zu erzählen, kaum noch zu bremsen war. (vgl. R. Butler, Legions of Death, S. 237)

Indem sie Rupert Butlers Buch als Quelle benutzen, handeln sich die Auschwitzleugner einen aus ihrer Sicht äußerst unangenehmen Widerspruch ein. Denn da sie unterstellen, in diesem Buch werde die Wahrheit berichtet, müssen sie zwangsläufig auch das als wahr akzeptieren, was der Autor über die Zerstörung des Lagers Sobibor schreibt:

Eine Todesfabrik, die bereits mehr als 600 000 Juden vernichtet hatte, hörte zu existieren auf.

R. Butler, Legions of Death, S. 170
(eigene Übersetzung)

Es sei denn natürlich, die Auschwitzleugner können gewichtige Gründe dafür anführen, dass sie das eine glauben und das andere nicht. Solche Begründungen fehlen jedoch. Widersprüche wie dieser werden nicht einmal erwähnt, geschweige denn aufgeklärt.

Butlers Buch hat ohnehin keine hohe Beweiskraft, denn der Autor verzichtet weitgehend darauf, seine Behauptungen durch Quellennachweise abzusichern. Er hatte offensichtlich nicht die Absicht, ein historisch fundiertes Werk vorzulegen. Das Buch ist reißerisch aufgemacht und wie ein Roman geschrieben. Eine sachlich-distanzierte und mit Fakten gestützte Darstellung historischer Ereignisse ist es ganz sicher nicht.

Nimmt man ausschließlich Butlers Buch als Bezugsrahmen, dann sind die verschiedenen Tatsachenbehauptungen gleich gut - oder eher gleich schlecht - belegt. Glaubt man ihm das eine, dann muss man Butler auch das andere glauben. Erkennbare Unterschiede, was die Glaubwürdigkeit angeht, gibt es zwischen den verschiedenen Behauptungen innerhalb des Buches nicht.

Zieht man aber andere, zuverlässigere Quellen zu Rate, um Butlers Angaben zu überprüfen, dann sind diese anderen Quellen für sich genommen schon so aussagekräftig, dass man Butlers Buch nicht mehr braucht. Für den Judenmord gibt es solch zuverlässige Quellen in großer Zahl. Für die Behauptung, Höß wäre gefoltert worden, sind die "Revisionisten" dagegen auf zweifelhaftes Material wie Legions of Death angewiesen.

Die "Revisionisten" lösen diesen Konflikt auf die übliche Art und Weise: Sie picken sich heraus, was ihren Standpunkt zu bestätigen scheint und ignorieren alles, was ihnen unangenehm ist.

Zur Unterstützung der Behauptung, Höß sei gefoltert worden, ziehen die Auschwitzleugner manchmal auch Höß' Aufzeichnungen heran, die er in einem polnischen Gefängnis niedergeschrieben hat. Dort behauptet Höß, er sei mit Gewalt genötigt worden, eine Aussage zu machen:

Unter schlagenden Beweisen kam meine erste Vernehmung zustande. Was in dem Protokoll drin steht, weiß ich nicht, obwohl ich es unterschrieben habe. Doch Alkohol und Peitsche waren auch für mich zuviel.

R. Höß, Kommandant in Auschwitz, S. 225

Auch Robert Faurisson zitiert in einem Artikel mit dem Titel Wie die Briten zu dem Geständnis von Rudolf Höß, Kommandant von Auschwitz, gekommen sind genau diesen Abschnitt aus Höß' Aufzeichnungen.

Dabei ergibt sich für die Auschwitzleugner allerdings das gleiche Problem wie oben, denn auch in diesem Text erwähnt Höß den Massenmord an den Juden. Wenn man Höß' Aufzeichnungen als historischen Beweis betrachtet und seine Aussage über die Misshandlungen ernst nimmt, dann muss man auch seine Angaben zur Judenvernichtung als beweiskräftig akzeptieren.

Faurisson zieht es vor, seinen Lesern diese unangenehmen Details zu ersparen und verzichtet wie alle anderen Auschwitzleugner auf eine überzeugende Erklärung, warum er in ein und demselben Text die eine Aussage glaubt und die andere nicht.

Die Behauptung, Höß wäre auch in Polen gefoltert und zur Niederschrift seiner Aufzeichnungen gezwungen worden, bietet keinen Ausweg, wie wir gleich sehen werden.

Einen besonders kapitalen Bock schießt in diesem Zusammenhang Germar Rudolf, denn in seinem "Gutachten" erwähnt er Höß' autobiographische Notizen als Beleg für angebliche Folterungen, während er in einem anderen Text unter dem Pseudonym Manfred Köhler Folgendes schreibt:

Prof. G. Jagschitz hat neulich darauf hingewiesen, daß die lediglich in Bleistiftschrift vorliegende Autobiographie von Höß nicht mit der Handschrift von Höß während des Krieges übereinstimmt. Daraus ergibt sich zwangsläufig, daß dies entweder eine Fälschung ist oder daß Höß unter den Haftbedingungen als Mensch völlig gebrochen wurde, so daß sich u.a. auch seine Handschrift völlig änderte. In beiden Fällen wäre diese Autobiographie nicht das Papier wert, auf dem es steht, da man einer gebrochenen Persönlichkeit schon durch einfachste Mittel alle gewünschten Selbst- und Fremdbelastungen abringen kann.

Germar Rudolf
Auschwitz-Lügen, S. 166

Der durch Folter völlig gebrochene Höß soll unter den Augen seiner Folterer, die ihm die Worte mehr oder weniger in den Mund gelegt hätten, über die Misshandlungen durch eben diese Folterknechte etwas aufgeschrieben haben, das als Beweis für seine gebrochene Persönlichkeit und die Folterungen dienen kann, wobei die Aussage natürlich das Papier nicht wert ist, auf dem sie geschrieben steht?

Dieses Meisterwerk "revisionistischer" Argumentationskunst bedarf keines weiteren Kommentars.

Ein weiterer Punkt, den viele Auschwitzleugner einfach "vergessen", ist die Tatsache, dass Höß in Nürnberg als Zeuge der Verteidigung aufgerufen wurde, was ihn offenbar selbst gewundert hat:

Nach Nürnberg war ich gekommen, weil mich der Verteidiger Kaltenbrunners als Entlastungszeuge angefordert hatte. Es ist mir nie aufgegangen und auch heute noch unerklärlich, wie ich, ausgerechnet ich, Kaltenbrunner entlasten sollte.

Höß, Kommandant in Auschwitz, S. 226

Manchmal führen Holocaust-Leugner auch tatsächliche oder vermeintliche Unstimmigkeiten in Höß' Aussagen an, um mit ihrer Hilfe zu "beweisen", dass die Aussagen nicht authentisch, sondern Fälschungen der Alliierten wären. Ein Beispiel dafür sind die Zahlen der Opfer des Vernichtungslagers Auschwitz. In seiner ersten Aussage hat Höß eine Zahl von mehreren Millionen genannt, die mit Sicherheit zu hoch liegt. In den Aufzeichnungen, die er in polnischer Gefangenschaft niederschrieb, nennt Höß jedoch niedrigere Zahlen, die sich recht genau mit dem heutigen historischen Forschungsstand decken, und erklärt:

Ich selbst wußte nie die Gesamtzahl, habe auch keine Anhaltspunkte, um sie wiedergeben zu können. Es sind mir lediglich noch die Zahlen der größeren Aktionen in Erinnerung, die mir wiederholt von Eichmann oder dessen Beauftragten genannt worden waren.
(...)
Ich halte die Zahl 2 1/2 Millionen für viel zu hoch."

Höß, Kommandant in Auschwitz, S. 252

Wer diese autobiographischen Aufzeichnungen für beweiskräftig hält, der muss zwangsläufig auch Höß' Erklärung für die Nennung der falschen Zahlen akzeptieren und seine Richtigstellung hinnehmen, dass nicht 2,5 Millionen, sondern etwas mehr als eine Million Juden in den Gaskammern von Auschwitz tatsächlich ermordet worden sind - es sei denn, er kann eine sehr gute Begründung anbieten, warum er das eine glaubt und das andere nicht. Wie bereits erwähnt, ist von den Holocaust-Leugnern in dieser Hinsicht keine klare Auskunft zu erwarten.

Auch Wilhelm Stäglich versucht sich in seinem Buch Der Auschwitz-Mythos an diesem Spagat. Erst zitiert er aus Höß' Krakauer Aufzeichnungen den Abschnitt über die Misshandlungen, anschließend gibt er sich große Mühe, um die Glaubwürdigkeit eben dieses Textes zu erschüttern

Auch bei Stäglich fehlt natürlich eine plausible Begründung, warum er die eine Aussage akzeptiert und die andere nicht, und die Antwort auf die Frage, warum er einen Zeugen bemüht, dessen Glaubwürdigkeit er im nächsten Moment schon wieder Frage stellt, bleibt Stäglich natürlich ebenfalls schuldig.

Die Aufzeichnungen des Kommandanten von Auschwitz sind ein schönes Beispiel für die Unredlichkeit der Auschwitzleugner. Sie benutzen als "Beweismittel" einen Text, den sie im nächsten Atemzug schon wieder als unglaubwürdig verwerfen.

Quelle:

  1. From: HaKa@ freiheit.net (Horst Kleinsorg)
    Subject: Hoess Auschwitz
    Date: Mon, 09 Sep 1996
    Message-ID: <32344c94.6609852@ news.crosslink.net>
    [Norbert Marzahn hat Ende 1996 seine Artikel vorübergehend
    über den Anschluss eines anderen Teilnehmers verschickt]
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