Die Literatur der Auschwitzleugner

Germar Rudolf, Der Rudolf-Report

Im Jahre 1991 verfasste Germar Rudolf für den Altnazi Otto Ernst Remer ein Gutachten über die Chemie der Gaskammern von Auschwitz. Das Gutachten sollte in einem Gerichtsverfahren gegen Remer zu dessen Entlastung eingereicht werden.

Remer ist nicht irgendwer. Er war am 20. Juli 1944 als Offizier maßgeblich an der Niederschlagung des Staatsstreichs gegen Hitler beteiligt. Es handelt sich beim Rudolf-Gutachten also keineswegs um ein völlig unabhängiges Werk, sondern um eine Auftragsarbeit von interessierter Seite, die klare Intentionen verfolgte. Die Quintessenz des "Gutachtens":

Das Gutachten kommt unwiderlegbar zu dem Schluß, daß die behaupteten Menschentötungs-Gaskammern von Auschwitz niemals mit Zyklon-B in Berührung gekommen sind.

Ganz so "unwiderlegbar" ist dies inzwischen auch nach Germar Rudolfs Ansicht nicht mehr, wie wir gleich noch sehen werden.

Mehrere Jahre ging die Auseinandersetzung zwischen Germar Rudolf auf der einen und Richard Green und Jamie McCarthy auf der anderen Seite hin und her; wissenschaftlich begründete Einwände gegen den Rudolf-Report und Germar Rudolfs Erwiderungen wurden im Web dokumentiert.

Die Diskussion, oft konzentriert auf fachspezifische Details, die ein Laie kaum nachvollziehen kann, bekam im August 1998 durch ein überraschendes Eingeständnis Germar Rudolfs eine ganz neue Wendung:

Weiterhin bin ich überzeugt, dass die Chemie nicht die Wissenschaft ist, die Aussagen über den Holocaust absolut zweifelsfei beweisen oder widerlegen kann. Es gibt verschiedene Indizienbeweise, die vor allem gemeinsam mit allen anderen Beweisen den Schluss erlauben, dass die Massenmorde durch Vergasungen, wie sie von den Augenzeugen geschildert werden, nicht stattgefunden haben können. Aber mit den Argumenten der Chemie kann man keine absolute Gewissheit begründen.

Germar Rudolf, zit. n. Green/McCarthy, Chemistry ...[1]
(alle Übers. a. d. Englischen JL)

Verblüffend daran ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt die Beweisführung durch chemische Analyse als das Nonplusultra der Auschwitzleugnerei galt. Wo die Wissenschaft exakte Ergebnisse vorlegen könne, müssten die Berichte beliebig vieler Augenzeugen zurücktreten; wenn naturwissenschaftlich bewiesen sei, dass bestimmte Ereignisse stattgefunden oder nicht stattgefunden hätten, dann könnten auch die besten Zeugen daran nichts ändern; die objektive Wissenschaft habe stets Vorrang vor den Aussagen von Menschen, die sich irren können - auf diese oder ähnliche Weise meldeten sich immer wieder Holocaust-Leugner zu Wort, die der Naturwissenschaft den Vorzug vor allen anderen Beweisen geben wollten.

Auch David Irving vertrat diese Ansicht. Schon 1988 schrieb er ins Vorwort des Leuchter-Reports (der als Vorläufer des Rudolf-Reports gelten kann):

Die forensische Chemie ist, ich sage es noch einmal, eine exakte Wissenschaft.

zit. n. Green/McCarthy, Chemistry ...

Inzwischen scheint es nicht mehr ausgeschlossen, erläutern Green und McCarthy in Chemistry ..., dass Germar Rudolf von der einst vermeintlich exakten Chemie abrückt und mehr und mehr dazu übergeht, die klassischen Argumentationsfiguren der anderen Holocaust-Leugner zu übernehmen:

Vielleicht wird er die alte Behauptung wieder aufgreifen, seine ursprüngliche Arbeit beweise, dass Vergasungen nicht stattgefunden haben können, vielleicht wird er es auch für gewinnbringender halten, mit anderen Holocaust-Leugnern zusammenzuarbeiten und ihre Argumente zu wiederholen. Die Zeit wird es zeigen.

zit. n. Green/McCarthy, Chemistry ...

Der bislang letzte Beitrag in diesem Disput ist eine Erwiderung von Green/McCarthy auf einen Text von Germar Rudolf, in dem dieser kaum noch wissenschaftlich argumentiert, sondern sich unter anderem über einen vermeintlichen Rufmord durch Green/McCarthy beklagt.

Allerdings trifft es zu, dass Germar Rudolf für seine Publikationen verschiedene Pseudonyme erfunden, mit Doktortiteln versehen und benutzt hat, um seinen eigenen Texten mehr Glaubwürdigkeit zu verleihen. Der Hinweis darauf, dass Germar Rudolf dies getan hat - so Green/McCarthy - sei kein Rufmord.

... wir weisen vielmehr darauf hin, dass Rudolf seinen Ruf und seine Glaubwürdigkeit selbst zerstört hat. Es ist dies ein Fall von Selbstmord an der eigenen Reputation.

Green/McCarthy, Postscript ...[2]

Wer sich für die fachbezogenen Details der Kritik am Rudolf-Report interessiert, mag die unten aufgeführten Beiträge (alle in englischer Sprache) nachlesen. Da Germar Rudolf sich in seiner letzten Erwiderung kaum noch zu technischen Fragen geäußert hat, stehen die wissenschaftlichen Kritikpunkte von Green/McCarthy weitgehend unwidersprochen im Raum.

Quellen:

  1. Richard Green und Jamie McCarthy, Chemistry is Not the Science
  2. Richard J. Green, Postscript to Chemistry is not the Science: Rudolf's Character Suicide
  3. Richard J. Green, Leuchter, Rudolf & the Iron Blues

Siehe auch:

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