Zyklon B

Die nationalsozialistische "Schädlingsbekämpfung"

Zyklon B
Zyklon B

Aus zahlreichen Dokumenten geht hervor, dass Zyklon B von der Firma Degesch, die das Patent zur Herstellung besaß, direkt oder über Zwischenhändler in die Lager der Nazis geliefert wurde. Da die Lieferungen nicht wegzudiskutieren sind, werden sie von den "Revisionisten" kurzerhand umgedeutet.

Die Auschwitzleugner machen sich den Umstand zunutze, dass ein Teil der Lieferungen zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt wurde, und behaupten, das Zyklon B sei ausschließlich zu diesem Zweck benutzt worden.

Da warmblütige Lebewesen, zu denen auch Menschen zählen, erheblich empfindlicher auf das Gift reagieren als Insekten, waren die für den Massenmord notwendigen Giftmengen relativ klein. Der weitaus größte Teil der Lieferungen wurde tatsächlich zur Schädlingsbekämpfung eingesetzt; im Verfahren gegen Gerhard Peters, den Geschäftsführer der Degesch, stellte das Gericht fest, dass bereits 4 Kilogramm Zyklon B zur Tötung von etwa 1000 Menschen ausreichten.

Blausäure selbst kann nicht von allen Menschen einwandfrei anhand des Geruchs identifiziert werden. Zur Sicherheit der Anwender musste das Gift entsprechend präpariert werden:

Der Blausäure wurde ausserdem noch ein Warn- und Reizstoff (Chlorkohlensäuremethylester, später Bromessigsäuremethylester, Chlorpikrin oder eine andere organische Halogenverbindung) hinzugefügt. Dieser Reizstoff, der als 'Nachwarnstoff' eine längere Verdunstungszeit besaß als die Blausäure selbst, sollte anzeigen, daß Blausäure im Raum vorhanden bzw. noch vorhanden war. Der Mensch bemerkte den Reizstoff durch Tränen der Augen.

Jürgen Kalthoff/Martin Werner
Die Händler des Zyklon B, S. 59

Die Anwendung des Gifts mit Reizstoff brachte jedoch verschiedene Probleme mit sich. Im Verfahren gegen Peters erklärte der Angeklagte, der SS-Hygienefachmann Gerstein habe ihm gesagt,

auf Befehl des Reichsführers SS würden gewisse Verbrecher, unheilbar Kranke und geistig Minderwertige getötet. Die hierbei verwendeten Verfahren seien zuerst grausam und quälend gewesen; man hätte es nun mit Blausäure versucht, um humaner vorzugehen; hierin läge noch eine große Grausamkeit, weil man nur behelfsmäßig mit dem der SS verfügbaren Zyklon die Tötungen vorgenommen hätte. Gerstein habe ihn gebeten, ihm zu helfen, eine schnellere Tötungsmethode zu finden. Sie seien beide der Überzeugung gewesen, dass ein solches Vorgehen zwar abscheulich und grausam, aber offenbar unvermeidbar und angeordnet sei, sie hätten dann nochmals die Frage diskutiert, wieweit wenigstens durch Anwendung geeigneterer Mittel der Tod menschenwürdiger werden könnte. Gerstein habe die von ihm beobachteten Qualen auf den Reizstoff des handelsüblichen Zyklons zurückgeführt. Er habe ihn (P.) gefragt, ob Zyklon B ohne Warnstoff lieferbar wäre, was er, der Angeklagte, bejaht hätte. Darauf habe Gerstein die Lieferung von Zyklon B ohne Warnstoff ohne Zwischenschaltung von Testa und Heli verlangt. Auf Grund dieses Auftrags seien dann die Mengen von Zyklon B ohne Warnstoff von der Degesch geliefert worden.

Forschungsgruppe Zyklon B
Zyklon B, S. 38f

Dr. Münch von der SS-Apotheke in Auschwitz war allerdings der Ansicht, für den Einsatz von Zyklon B ohne Warnstoff habe es vor allem praktische und organisatorische Gründe gegeben:

Der Zeuge M. hat den Grund angegeben, weshalb zu der Menschenvernichtung Zyklon ohne Reizstoff gewünscht wurde. Es waren nicht Humanitätsgründe, sondern technische Gründe. Innerhalb einer halben Stunde nach einer Vergasung wurden die Kammern schon wieder gefüllt, nachdem sie mechanisch gelüftet worden waren. Der Reizstoff im Zyklon hätte die Opfer warnen und dadurch den Vergasungsvorgang am laufenden Band beeinträchtigen können. Man benötigte also Zyklon ohne Warnstoff.

Kalthoff/Werner, a.a.O., S. 163.

Die "Revisionisten" behaupten mitunter, Zyklon B ohne Warnstoff sei zur Ungezieferbekämpfung bei Lebensmitteln eingesetzt worden, deren Qualität unter dem Reizstoff gelitten hätte. Offenbar waren nicht alle der damaligen Experten dieser Ansicht. Dr. Tesch, als Chemiker und Unternehmer an der Lieferung des Zyklon B beteiligt, nahm eine dem oben Gesagten entsprechende frühere Einschätzung ausdrücklich zurück:

Eine Reihe von Untersuchungen [...] haben gezeigt, dass auf alle wichtigen Lebensmittel weder das Chlorpikrin noch der Bromessigsäuremethylester einen schädigenden Einfluss besitzt. Infolgedessen werden die Bedenken, die der eine von uns (Tesch) in der oben zitierten Arbeit über den Einfluss von Reizstoffen auf Nahrungsmittel äußerte, hinfällig.

Kalthoff, a.a.O., S. 78

Außerdem weisen manche "Revisionisten" darauf hin, dass die Rohstoffversorgung im Laufe des Krieges schlechter wurde, so dass das Zyklon B nicht mehr mit dem sonst üblichen Warnstoff versehen werden konnte. Einerseits trifft dies in gewissem Maße zu, andererseits vermag dies aber nicht zu erklären, warum Zyklon B, wie oben geschildert, ausdrücklich ohne Warnstoff bestellt wurde.

Zyklon B ohne Warnstoff
Die Etiketten tragen den Vermerk:
* Vorsicht, ohne Warnstoff ! *[1]

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