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Tarnbegriffe für den Völkermord

Aussiedlung, Evakuierung, Sonderbehandlung, Umsiedlung

Im Berichtsmonat sind auf Grund beantragter Sonderbehandlung insgesamt 35 Juden durch Erhängen exekutiert worden. Ein Teil dieser Juden hat sich der Evakuierung durch Flucht entzogen und ist später aufgegriffen worden, während ein weiterer Teil wegen Arbeitssabotage und wegen illegalen Verlassens des Ghettos sowie des Arbeitsplatzes sonderbehandelt worden ist (...)

3.10.1942, Lagebericht der Gestapo Litzmanstadt (Lodsch)
Faschismus, Getto, Massenmord (fgm), Dokument 262

Die Evakuierungen der restlichen rund 300.000 Juden im Generalgouvernement werde ich nicht abstoppen, sondern sie in größter Eile durchführen. Sosehr die Juden-Evakuierung im Augenblick ihrer Durchführung Unruhe erzeugt, so sehr wird sie nach ihrem Abschluß zur grundsätzlichen Befriedung des Gebietes die Hauptvoraussetzung sein.

Heinrich Himmler, Aktennotiz, 10.5.1943, fgm, Dokument 278

Bei dieser Umsiedlung der Juden in ein bestimmtes Stadtviertel wurden mehrere Schleusen errichtet, an denen von vornherein bei der Durchschleusung das gesamte arbeitsscheue und asoziale jüdische Gesindel erfaßt und sonderbehandelt wurde.

(...)

wurden wiederum Tausende von Juden erfaßt, die sich im Besitz von gefälschten Ausweisen befanden odert aber sich unter allen möglichen Vorwänden Arbeitsausweise erschlichen haben. Auch diese Juden wurden einer Sonderbehandlung zugeführt.

(...)

Trotz aller dieser Maßnahmen zur Regelung des Arbeitseinsatzes der Juden wurde seit dem dem April 1942 mit der Aussiedlung aus dem Distrikt Galizien begonnen und diese laufend durchgeführt.

Als der Höhere SS- und Polizeiführer mit seiner Polizeiverordnung über die Bildung von Judenwohnbezirken vom 10.11.1942 noch einmal generell in die Judenfrage eingriff, waren bereits 254 989 Juden aus- bzw. umgesiedelt.

(...)

wurde die weitere Aussiedlung energisch betrieben, so daß mit Wirkung vom 23.6.43 sämtliche Judenwohnbezirke aufgelöst werden konnten. Der Distrikt Galizien ist damit, bis auf die Juden, die sich in den unter Kontrolle des SS- und Polizeiführers stehenden Lagern befinden, judenfrei.

Die noch vereinzelt aufgegriffenen Juden werden von den jeweiligen Ordnungspolizei- und Gendamerieposten sonderbehandelt.

Bis zum 27.6.1943 waren insgesamt 434329 Juden ausgesiedelt.

Bericht des SS- und Polizeiführers Galizien Katzmann, 30.6.1943, fgm, Dokument 284

Über alle während der Judenevakuierung durchzuführenden Maßnahmen habe ich unbedingte Verschwiegenheit zu bewahren, auch gegenüber meinen Kameraden.

Aus der Verpflichtung für die SS-Männer im KZ Auschwitz, fgm, Dokument 294

Aus der anliegenden Aufstellung ist die bisher aus den Lagern Auschwitz und Lublin abgefahrene Menge an Altmaterial aus der Judenumsiedlung zu ersehen. Es muß hierbei besonders berücksichtigt werden, daß der Anteil an Lumpen ein sehr hoher ist.

In der Aufstellung sind 825 Waggons aufgelistet; darunter 245 Waggons Kleidung, Schuhe und Wäsche, 400 Waggons Lumpen.

6.2.1943, Bericht v. Oswald Pohl an Heinrich Himmler, fgm, Dok 325

Nach Meinung des Präsidenten Dr. Frauendorfer würde eine Umsiedlung der Juden, die in erhebliches Kontingent der Gesamtbevölkerung ausmachen, auf allen Sektoren des öffentlichen Lebens tiefgreifende Auswirkungen haben. Das Land sei arbeitsmäßig erheblich abgeschöpft.

(...)

Die Juden sollen den von der SS durchgeführten Aktionen zwar nicht entzogen, aber für die Dauer des Krieges arbeitsmäßig erhalten bleiben.

Leiter der Abteilung Arbeit bei der Regierung des Generalgouverments, 22.06.1942. fgm, Dokument 348

Die ohne Benachrichtigung der meisten Wehrmachtsdienststellen einsetzende Aussiedlung der Juden brachte starke Erschwerungen im Nachschub und Verzögerungen in der kriegswirtschaftlichen Sofortproduktion.

Der Wehrkreisbefehlshaber im Generalgouvernement an das Oberkommando der Wehrmacht, 18.09.1942, fgm, Dokument 354.

Exekutionen dürfen nicht im Lager oder in unmittelbarer Umgebung des Lagers durchgeführt werden. Befinden sich die Lager im Generalgouvernement in unmittelbarer Nähe der Grenze, so sind die Gefangenen zur Sonderbehandlung möglichst auf ehemals sowjetrussisches Gebiet zu verbringen.

Sollten aus Gründen der Lagerdisziplin Exekutionen erforderlich sein, so hat sich dieserhalb der Leiter des EK an den Lagerkommandanten zu wenden. Über die durchgeführten Sonderbehandlungen haben die Kommandos Listen zu führen; sie müssen enthalten:

lfd. Nummer,
Familien- und Vorname,
Geburtszeit und -ort,
militärischer Dienstgrad,
Beruf,
letzter Wohnort,
Grund der Sonderbehandlung,
Tag und Ort der Sonderbehandlung
(Zettelsammlung).
Anklageschrift. Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß
S. 2167 (vgl. Blatt 14821, S. 0)
(Nürnb. Dok. 502-PS)

Später war es dann so, daß man regelrechte Selektionen überhaupt nicht mehr durchführte, sondern der Befehl vom RSHA kam, womit soundso viel Häftlinge der "Sonderbehandlung" zuzuführen waren.

Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 5901

Auf den Karteikarten der vergasten Häftlinge wurde geschrieben: "Sonderbehandlung", und es wurde ein Kreuz gemacht. Sonstige nähere Umstände wurden nicht angegeben.

Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 12579

Dagegen aber hat uns die Untergrundorganisation der Häftlinge durch eine Häftlingsfrau - ihr Name war Katharina Schlesinger -, die in der Kanzlei des Lagerältesten arbeitete, eine Warnung gegeben, daß der Transport "Sonderbehandlung" heißt. In der Lagersprache heißt das: restlose Vernichtung.

Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 13533

Vorsitzender Richter [unterbricht]:
Und was hieß das: "SB"?
Zeugin Charlotte Bartsch:
Das hieß "Sonderbehandlung".
Vorsitzender Richter:
Und was heißt "Sonderbehandlung"?
Zeugin Charlotte Bartsch:
Vergasung.

Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 14007

Wenn der Transport abgewickelt war, haben wir die Vollzugsmeldung nach Berlin durchgegeben. In der Vollzugsmeldung stand, daß so und so viele Männer, so und so viele Frauen und so und so viele Kinder "sonderbehandelt" worden seien. "Sonderbehandlung" wurde abgekürzt: "SB". "Sonderbehandlung" hieß Vergasung.

Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 14051

Gleichzeitig meldete der Leiter des Einsatzkommandos die Ausgesonderten an das Amt IV A Ic des RSHA, das bestimmte, in welche Konzentrationslager die Ausgesonderten zur Sonderbehandlung zu überstellen seien. Das Wort Sonderbehandlung war die Umschreibung für Exekution.

Der 1. Frankfurter Auschwitz-Prozeß, S. 41776

Die Exekution wurde dann für den 24. 12. von SS-H'stuf. Kallbach angeordnet. Am 24. 12. gegen 17.00 Uhr meldete der Außendienststellenleiter von Berditschew, SS-Sturmscharführer Knop, fernmündlich, daß bei der angeordneten Sonderbehandlung die beiden Angehörigen der Außendienststelle, SS-U'scharf. Paal und SS-Sturmm. Vollprecht, von den Häftlingen überfallen und mit ihren eigenen Waffen erschossen worden sind.

Der Nürnberger Prozeß
Donnerstag, 14. Februar 1946

Am 25. 12. fand unter meiner Leitung die Sonderbehandlung der restlichen 20 ehem. Kgf. an derselben Stelle statt. Da zu befürchten war, daß die geflüchteten Häftlinge in kürzester Zeit Verbindung mit einer Bande aufgenommen haben könnten, habe ich veranlaßt, daß das Stalag wiederum ein Kommando von 20 mit MG und Karabiner bewaffneten Soldaten zur Sicherung der Umgebung abstellte. Die Exekution ist ohne Zwischenfall verlaufen.

Der Nürnberger Prozeß
Donnerstag, 14. Februar 1946

OBERST AMEN: Nun, der Angeklagte Keitel sagte aus, glaube ich, es sei allgemein bekannt gewesen. Haben Sie nicht schon immer gewußt, was mit "Sonderbehandlung" gemeint war? Ja oder nein, bitte!

KALTENBRUNNER: Ja, ich habe Ihnen schon erklärt, ein Befehl Himmlers - ich verweise auf den Befehl Hitlers von 1941 - also auch Hitlers, ohne Gerichtsverfahren Hinrichtungen zu vollziehen...

Der Nürnberger Prozeß
Freitag, 12. April 1946

Siehe auch:

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