Hitlers "Friedensreden"
Die "bedenklichen Seiten" der Friedenspropaganda
Die ewiggestrigen Anhänger Hitlers verweisen mitunter auf die sogenannten "Friedensreden" des Diktators: Hitler habe doch immer nur den Frieden gewollt, er habe sich versöhnlich und entgegenkommend gezeigt und sei keineswegs als der machthungrige Diktator aufgetreten, als der er gewöhnlich beschrieben wird.
So kann man freilich nur argumentieren, wenn man Hitlers "Friedensreden" wörtlich nimmt und völlig außer Acht lässt, was er - diesen Reden zum Trotz - getan hat.
Wie falsch es wäre, so oberflächlich vorzugehen, kann man auch anhand einer Geheimrede beurteilen, die Hitler am 10. November 1938 vor Chefredakteuren der Inlandspresse gehalten hat:
Die Umstände haben mich gezwungen, jahrzehntelang fast nur vom Frieden zu reden. Nur unter der fortgesetzten Betonung des deutschen Friedenswillens und der Friedensabsichten war es mir möglich, dem deutschen Volk Stück für Stück die Freiheit zu erringen und ihm die Rüstung zu geben, die immer wieder für den nächsten Schritt als Voraussetzung notwendig war. Es ist selbstverständlich, daß eine solche jahrzehntelang betriebene Friedenspropaganda auch ihre bedenklichen Seiten hat; denn es kann nur zu leicht dahin führen, daß sich in den Gehirnen vieler Menschen die Auffassung festsetzt, daß das heutige Regime an sich identisch sei mit dem Entschluß und dem Willen, einen Frieden unter allen Umständen zu bewahren.
Das würde aber nicht nur zu einer falschen Beurteilung der Zielsetzung dieses Systems führen, sondern es würde vor allem auch dahin führen, daß die deutsche Nation ... mit einem Geist erfüllt wird, der auf die Dauer als Defaitismus gerade die Erfolge des heutigen Regimes wegnehmen würde und wegnehmen müßte.
Der Zwang war die Ursache, warum ich jahrelang nur vom Frieden redete. Es war nunmehr notwendig, das deutsche Volk psychologisch allmählich umzustellen und ihm langsam klarzumachen, daß es Dinge gibt, die, wenn sie nicht mit friedlichen Mitteln durchgesetzt werden, mit den Mitteln der Gewalt durchgesetzt werden müssen ...
Diese Arbeit hat Monate erfordert; sie wurde planmäßig begonnen, fortgeführt, verstärkt.
Diese Rede hat Hitler am 10.11.1938 nur wenige Wochen nach der Konferenz von München und dem Anschluß der sudetendeutschen Gebiete gehalten. Die gewaltlos durchgesetzte Vergrößerung seines Herrschaftsgebietes hat Hitler jedoch nicht gereicht. Am 15.3.1939 sind deutsche Truppen in Böhmen und Mähren einmarschiert. [vgl. "Die Erledigung der Rest-Tschechei"]
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Hitler noch behaupten können, er hätte nur die Deutschen jenseits der Grenzen "heim ins Reich" holen wollen, und er hätte dem Reich nur Gebiete einverleibt, in denen Deutsche gelebt haben.
Die Annektierung der Tschechei war in dieser Hinsicht eine neue Qualität, denn Hitler hat in diesem Augenblick begonnen, sogenannte "fremdvölkische" Menschen in seine Gewalt zu bringen. Obwohl die Tschechei durch Verträge mit anderen Ländern geschützt war, blieb auch dieser Gewaltakt Hitlers ohne Folgen. England, Frankreich und Russland ließen ihm auch weiterhin praktisch freie Hand.
Am 1.9.1939 begann mit dem deutschen Überfall auf Polen der Zweite Weltkrieg.