Alte Legenden
Jüdische Ritualmorde
Schon im Mittelalter gab es Berichte über angebliche Ritualmorde der Juden an Christen. Einige wurden mit teils recht drastischen Bildern illustriert.
Diese alten Vorlagen haben die Nationalsozialisten dankbar aufgegriffen und verbreitet. Neben zahlreichen Büchern stellten auch diverse Ausgaben der Kampfzeitschrift "Der Stürmer" dieses Thema immer wieder reißerisch heraus.
1934 erschien eine spezielle "Ritualmord-Nummer" im "Stürmer", und 1943 wies Himmler seinen Untergebenen Kaltenbrunner an, ein Buch über die jüdischen Ritualmorde zu verteilen und diese Legende möglichst wirkungsvoll einzusetzen. Die "Ritualmord-Ausgabe" vom 1. Mai 1934 ging dann aber wohl doch zu weit, denn sie wurde nach heftigen Protesten kurz nach Erscheinen beschlagnahmt.
Insgesamt scheint es, als hätten die Nazis relativ viel Energie darauf verwendet, den Juden alle möglichen Schandtaten und insbesondere auch Ritualmorde in die Schuhe zu schieben. Die "Ritualmord-Nummer" des "Stürmer" fasst die alten Märchen über die angeblichen jüdischen Ritualmorde zusammen und fügt einige neue Erfindungen hinzu; diese antisemitische Legende wurde auch in nicht beschlagnahmten Ausgaben immer wieder aufgegriffen.
Dort liest man auf Seite 13:
Mordplan gegen Adolf Hitler
Das jüdische Volk begnügt sich nicht allein damit, einzelne Nichtjuden zu schächten und zu Tode zu foltern. Seine Geschichte beweist, daß es die Völker ermordet. Alljuda handelt nach dem Gebot:
Und wenn Jahwe, dein Gott, die nichtjüdischen Völker in Deine Hand gibt, so sollst du sie umbringen. Du sollst ihnen keine Gnade erweisen. (5. Mos. 7.2)
All das fügt sich recht gut in die Vorstellungswelt der Nazis ein, man schwebte in einer tödlichen Gefahr, der man nur durch entschlossene Gegenwehr entkommen könne.
Erstaunlich ist, dass die Neonazis von heute immer noch fast genauso vehement das Märchen vom jüdischen Ritualmord verbreiten. So tauchen etwa in einer "Liste zensierter Schriften in der BRD" mehrere alte Bücher auf, die sich mit diesem Thema beschäftigen.
Ein brauner Kleinverlag kündigt etwa eine Neuausgabe des Buchs Der jüdische Ritualmord von Hellmut Schramm (1941) folgendermaßen an:
Niemand hätte Dr. Schramm noch vor wenigen Jahren abgenommen, daß seine Forschungsergebnisse den Tatsachen entsprechen, nämlich daß Juden über Jahrhunderte hinweg nichtjüdische Kinder schächteten und deren Blut einnahmen. Aber 2007 kam das Buch von Professor Ariel Toaff heraus, das die jüdischen Ritualmorde als tatsächliche historische Ereignisse bestätigt und Dr. Hellmut Schramm voll rehabilitiert.
Gemeint ist das Buch Das Fest des Blutes - Die Juden Europas und ihre Ritualmorde. In der ersten Ausgabe (2007) führte Toaff angeblich den Nachweis, die jüdischen Ritualmorde seien historisch belegt. Allerdings stellte sich sehr schnell heraus, dass das Buch methodische Schwächen hatte, woraufhin der Verlag die Auflage zurückzog. Johannes Heil schreibt:
(...) begeht Professor Toaff Fehler, die vermeiden zu lernen die Sache von Proseminaren ist. Selbst wenn nach den gründlichen Arbeiten von Wolfgang Treue und Ronnie Pochia Hsia nun Toaff zu Trient, Treviso oder Portobuffolè noch irgendein nicht schon zigfach hin- und hergewendetes Dokument neu aufgetan hätte, muss er die Antwort auf die Frage schuldig bleiben, woher er bei so einseitiger und im wahrsten Wortsinn erzwungener Quellenlage den Beleg für tatsächliche Ereignisse beziehen wollte.
Allein Toaff scheint wenig Gefallen an solchen Standard der Geschichtswissenschaft zu haben.
Der Autor und der Verlag gaben etwas später eine überarbeitete Ausgabe heraus, die unmissverständlich klarstellen sollte, was längst bekannt ist: Es gab keine jüdischen Ritualmorde.
Diese korrigierte Neuausgabe wird von interessierten Kreisen jedoch verworfen, denn:
Einzige deutsche Übersetzung der unverfälschten und vom Markt genommenen 1. italienischen Auflage des Verlages Società editrice Il Mulino, Bologna, 2007.
Dieses Buch ist aufgrund des immensen Druckes der Lobby der von Gott, dem Herrn, Auserwählten nicht mehr erhältlich (...)
Anfangs noch fest, knickte Toaff ob der Anfeindungen, die sein soziales und berufliches Leben zu zerstören drohten, ein. Nach einer Woche war der Verlag zum Rückzug der Restauflage des Buches bereit und erklärte, es habe nie jüdische Ritualmorde gegeben. Man sagte zu, den bisherigen Erlös aus dem Buchverkauf an die zionistische Anti-Defamation League zu übergeben.
Toaff publizierte im Februar 2008 eine verharmlosende Neuauflage. Im Leipziger Verlag Der Schelm erscheint im Sinne der grundgesetzlich verankerten Wissenschaftsfreiheit die 1. Auflage in deutscher Übersetzung.
Wissenschaftsfreiheit bedeutet für diese Herrschaften also offenbar, möglichst frei von allen Erfordernissen der Wissenschaft das zu verbreiten, was ins antisemitische Weltbild passt.
Auf der Verlagsseite wird nicht nur hier, sondern auch an anderen Stellen deutlich, wie diese Kreise mit der Wahrheit umgehen. Man liest dort und staunt:
Zudem wurde die Tatsache von Ritualmorden von einer jungen Jüdin im US-amerikanischen Fernsehen (am 1. Mai 1989) vor einem Millionenpublikum angeprangert. Sie sagte vor laufender Kamera, daß diese Ritualmorde auch heute noch stattfänden. Sie selbst habe einen Säugling morden müssen, erklärte sie. Da sie dieses Leben nicht mehr ertragen konnte, offenbarte sie sich der Fernsehmoderatorin Oprah Winfrey, um sich durch Öffentlichkeit vor Fememord zu schützen.
Auch dies stellt sich - wie nicht anders zu erwarten - bei näherer Betrachtung etwas anders dar. Thema der Sendung waren satanistische Morde, die zuvor in Mexiko stattgefunden hatten.
Während der Sendung am Montag stellte Ms. Winfrey den Gast als jemanden vor, der wegen einer multiplen Persönlichkeitsstörung schon lange in psychiatrischer Behandlung ist. Die Frau sagte Ms. Winfrey, sie habe rituelle Opfer jüdischer Kinder gesehen und sei rituell missbraucht worden. Außerdem sagte sie über diese Praktiken: "Es gibt im ganzen Land noch andere jüdische Familien. Es ist nicht nur meine Familie." Die Aussagen fielen während einer Sendung, die sich um Sektenmorde an mindestens 13 Menschen drehte, deren Leichen in der Nähe von Matamoros in Mexiko gefunden wurden.
Der Produzent der Sendung erklärte außerdem: "Oprah wies darauf hin, dass diese Person nur über ihre eigene Situation sprach (...) und sie wurde am Anfang der Sendung als Mensch mit psychischen Störungen vorgestellt."
Ich ahne, was die "Revisionisten" sagen würden, wenn wir auf die Idee kämen, einen Menschen mit einer psychischen Störung der Öffentlichkeit als wichtigen Zeugen für die Realität des Massenmordes an den Juden vorzustellen.
Eine weitere Frage ist natürlich die, warum sich die "Revisionisten" und Neonazis so große Mühe geben, die Juden als Erzfeinde der Deutschen darzustellen, die den Tod verdient hätten, nur um im Anschluss gleich wieder eine Kehrtwendung zu machen und zu behaupten, es hätte keinen Massenmord gegeben, und den europäischen Juden wäre, von ein paar Unannehmlichkeiten abgesehen, so gut wie nichts passiert.